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Georg Marbet

Bild Georg Marbet

Georg Marbet beschäftigt sich mit zeitgenössischer Architektur und seit zwei Jahrzehnten mit dem Thema Ästhetik des Verborgenen und Unscheinbaren.

Er ist fasziniert vom Entdecken verborgener ästhetischer Ressourcen. Der Abfall unseres Alltags ist Fundus und Nährboden seiner Arbeiten. So können auch in einem Rest Abwaschmittel visuelle Qualitäten entdeckt werden, die sichtbar und freigelegt werden können.

Die Leidenschaft im scheinbaren NICHTS des Abfalls die verdeckten Qualitäten aufzuspüren und zu erkennen, ist seine Triebfeder. Im Suchen, Erforschen und Recherchieren unterschiedlicher Materialien liegt der grosse Reiz des Unbekannten.

Durch plastische Verformung des Abfalls werden in zahlreichen Versuchen Räume und Objekte modelliert und erstellt. Die Spuren visueller Qualitäten des Materials werden durch unterschiedlich einfallendes Licht fotografisch freigelegt und angereichert. Versuch und Irrtum sind gleichsam Faszination, Überraschung und Frustration in der prozesshaften Entwicklung seiner Bilder.

Nur ein kleiner Teil der Bilder erreicht in aufwändigem Arbeitsprozess die erhoffte Qualität.
Tageslicht, Nachtraum und LED, Abendsonne und alltägliche Gebrauchsgegenstände wie Holztisch oder Wäscheständer sind ergänzende Hilfsmittel. Die entstandenen Fotografien werden nicht digital nachbearbeitet. Das Bild wird unverfälscht beibehalten und scheinbare Makel sind Teil des Arbeitsprozesses und eine Bereicherung.


Ausbildung
1984 – 1988 Dipl. Architekt ETH/SIA, Zürich
1979 – 1983 Architekt HTL, Technikum, Burgdorf
1974 – 1978 Hochbauzeichner EFZ

Gestaltung
2015 – 2020 Ästhetik des Verborgenen und Unscheinbaren im Alltag, Bilder, Videos
2004 – 2006 Gestaltung öffentlicher Raum mit Ueli Berger, Münsingen
1985 – 1986 Freifach Plastisches Gestalten, Ueli Berger, Künstler Designer, ETHZ
1984 – 1988 Bildnerisches Gestalten, Prof. P. Jenny, ETHZ
1984 Mitarbeit, Franz Eggenschwiler, Künstler Eisenplastiker, Eriswil
1979 – 1981 Farbenlehre Joh. Itten, H. Oberli, Kunstmaler, Technikum, Burgdorf

Arbeit
1988 – jetzt selbstständiger Architekt, Realisation verschiedenster Bauwerke www.marbetarchitekten.ch
1988 – 2020 Mehrere Wettbewerbserfolge für öffentliche Bauten
2010 – 2020 Projektentwicklung und Bauprojekt Werkenpavillon Frohheim, Olten
2000 – 2002 Stadtentwicklungskonzepte für Zonenplanrevision, Stadt Olten
1992 – 1998 Juror bei SIA Architektur-Wettbewerben

Ausstellung
2005 Projektentwicklung Wohnstadt Fustlig Ost, Stadthaus, Olten
2004 Hauptpreis Solothurner Holzbaupreis, Holzelementbau Diethelm, Büren an der Aare
2001 Anbau 1950-er Gebäude, Büren a.d. Aare., SRF 1 Kultursendung B-Magazin
1995 Gedanken zum Raum, GSMBA, Palais Besenval, Solothurn

Arbeitstechnik
2015 – 2020 Material: Fundus aus Abfall des Alltags
Technik: Räumliche Objekte und Strukturbildung durch plastische Verformung des Abfalls
Umsetzung: Wechselspiel von Licht und Schatten. Absorption und Reflexion, Kontraste
Fotografie: Bilder der Objekte, Stimmungswelten aus dem scheinbaren NICHTS des Abfalls

Wohnort
Pappelweg 4, 4800 Zofingen
Geboren und aufgewachsen in Biberist


Der Hosensack – eine Annäherung an die Ausstellung waste-art

Als kleiner Junge war der Hosensack meine grosse kleine Welt. In ihm verbargen sich meine Schätze und Geheimnisse, meine Träume und Sehnsüchte.

Steine, Blätter, Holz, aber auch Karton- und Papierresten waren für mich wertvolle Schätze,
die ich in meinem Hosensack stets wie in einem Kokon, sorgsam und geschützt, aufbewahrte.

Jugendbild Georg Marbet, Hosensack
Jugendbild Georg Marbet

Der Fundus meiner Kostbarkeiten barg jedoch auch Gefahren: Durch die pralle Füllung meiner Hosensäcke wurden die feinen Stoffnähte oft arg strapaziert – und so geschah es nicht selten:

Eingezwängt in den engen Platzverhältnissen, arbeitete sich das gesamte Sammelsurium beharrlich an den feinen Stoffnähten vor, bis ihm ein Erfolg durch ein klitzekleines Loch beschieden war!

Jetzt wurde es spannend …

Je nach Inhalt kam es in meinem Hosensack zu unliebsamen Überraschungen und leider nicht selten zu einem Supergau:
Stufe 1 war der Verlust eines geliebten Schatzes, der sofort wieder ersetzt werden musste.
Stufe 2 war eine mühsame Angelegenheit. Klebrige und eingetrocknete Saftspuren von eingelagerten «Fruchtznünis» mussten schmerzhaft von meiner weichen Kinderhaut geschrubbt werden.
Stufe 3 war der Supergau, verursacht durch einen Attentäter mit grosser nachhaltiger Wirkung: Ein Stück Rande als Znüni, eingewickelt in mehrere Lagen Haushaltpapier, um Verfärbungen in meinem Hosensack zu vermeiden, kam versehentlich in die Wäsche. Auf dem Weg in die Waschmaschine wurde das vitaminreiche, leicht süsslich schmeckende «Geschöpf» nicht entdeckt. Beim Schleudern in der Waschmaschine lief die Rande zur Höchstform auf und entwickelte ihre volle Leucht- und Farbkraft auf alle Wäschestücke.

Die neuesten und vor allem weissen Kleidungsstücke meiner Mutter waren dankbares Opfer meines Hosensack-Attentäters. Die Verfärbungen und die faszinierenden Strukturen waren für mich ein optischer Traum und für meine Mutter ein Trauma!

Jugendbild Georg Marbet, Hosensack
Jugendbild Georg Marbet

Wenn ich heute auf die Zeit zurückblicke, stand nicht das HABEN der Fundstücke im Vordergrund, sondern die Tätigkeit des Sammelns und Erforschens. Das Entdecken bezaubernder Bilder in den Materialien faszinierte und bewegte mich.
Das kindliche Staunen als sinnliche Erfahrung schärfte (und verfeinerte) früh meine Wahrnehmung.
Das SEHEN ist oberflächlich, das WAHRNEHMEN ist die verfeinerte Form des SEHENS, das Berühren ist das Empfinden mit allen SINNEN.

Das Staunen ist mir als Geschenk seit meiner Kindheit erhalten geblieben.
ICH STAUNE, ALSO BIN ICH! Auch heute noch!

Immer wieder entdecke ich unscheinbar verborgene Qualitäten in belanglosen und abgegriffenen Materialien und Gegenständen. Auch in einem Rest Abwaschmittel und in Abfällen unseres Alltags liegen oft zauberhafte visuelle Schätze verborgen – es liegt an mir, diese freizulegen! Die Lust und Faszination, im scheinbar WERTLOSEN Neues zu entdecken, erinnern mich jetzt an das kindliche Staunen über meine frühen Fundstück-Schätze.
Der Ursprung dazu liegt im Fundus des Hosensacks des kleinen Jungen, als die Ideen geboren wurden und nun in langem Gärungsprozess heute wieder schöpferisch zum Ausdruck kommen. Die prozesshafte Entwicklung hat erst begonnen, und ich bin gespannt, welche Überraschungen der Hosensack für mich noch bereithält.

Dank an meinen Vater Justin, der mich mit seinem Ideen-Reichtum beschenkte und meiner Mutter Lorly, die dem Hosensack-Attentäter meist vergab.

Georg Marbet, 30.8.2021